Für mich ist Putin  wie Hitler ein Mensch, der von einer Idee besessen ist und er wird erst davon ablassen, wenn er nicht mehr kann. Wenn seine Armee nicht mehr kämpfen kann. Er wird nicht schon dann  aufhören, wenn sich die  Waagschale zwischen Gewinn und Verlust deutlich auf eine Seite neigt. Für seinen Größenwahn wird er ohne Skrupel selbst vor gewaltigen Opfern seines  eigenen Volkes nicht zurückschrecken.
Jedoch, wenn der Westen keine größeren Fehler mehr macht, hat Putin den Krieg bereits seit den Tagen des deutlichen Neins des Westens, seiner massiven Unterstützung der Ukraine und der heldenhaften Verteidigung ihrer humanen und nationalen Identität durch den Großteil ihrer Menschen verloren. Ich bin mir nicht sicher, ob Putin sich dieser offensichtlichen Tatsache bewusst ist. Doch das ist auch letztendlich nicht wichtig. Wichtig allein ist die Tatsache und wie Putin faktisch darauf reagiert. Putin „spielt“ – wenn dieses Wort auch angesichts des Elends in der Ukraine völlig unangemessen ist, Va banque. Ja , Herr Minister, Sie haben Recht, Sie sind per Amtseid verpflichtet nicht mit dem Wohlstand des deutschen Volkes, mit seiner industriellen Substanz zu zocken, doch das täten Sie bei einem sofortigen Embargo angesichts der realen Kräfteverhältnisse auch nicht. Und wenn Sie ihre Begründung für einen Verzicht rational auf ihre Unwägbarkeiten und Ungewissheiten hin überprüfen, hat sie höchst wahrscheinlich ebenso viele davon wie sie sie den jüngsten Modellen der Wirtschaftswissenschaftler konstatieren. Ich bin davon überzeugt, dass wir in dieser  komplexen und dazu uns unbekannten oder treffender in Deutschland seit mehr als sieben Jahrzehnten nicht mehr erlebten Extremsituation an die Begrenztheit  der Rationalität im Abwägungsdiskurs kommen. Was mir in solchen Fällen wichtiger erscheint, ist der unbeugsame Wille die eigenen Ziele zu erreichen. Das schließt selbstverständlich mitein, soweit als möglich rational alle Eventualitäten zu erfassen, jedoch nicht im Sinne einer Abwägung, sondern im Sinne eines Vorbereitet sein. Zudem liegt es in der Natur der Sache, dass diese Ziele durchaus ein Wagnis beinhalten

Die Strategie, für die sich die Bundesregierung mit ihren westlichen Partnern zur Eingrenzung Putins und der Befreiung der Ukraine  entschieden hat, ist eine auf längere Zeit hin angelegte Mittelentzugsstrategie. Wie bereits angedeutet, ist diese angesichts der wahren ökonomischen und militärischen Kräfteverhältnisse auch rational nicht alternativlos. Für die Menschen der Ukraine bedeutet diese jedoch, wenn nicht ein Wunder geschieht, schrecklichstes Leid und gewaltige Zerstörung. Selbst ein Genozid ist nicht auszuschließen. Das hatten wir alles schon einmal. Damals hat das russische Volk die Hauptlast eines Weltkrieges getragen. Ich bin mir sicher, dass die grauenvollen Implikationen dieser Strategie vielen Deutschen nicht wirklich voll bewusst ist. Haben Sie den Mut,  uns Deutschen diese zum Himmel schreiende ungleiche Verteilung des Leids deutlich vor Augen zu führen. Bleiben Sie nicht bei der Schilderung der Auswirkungen stehen, die ein weitergehendes Engagement auf den Wohlstand Deutschlands, auf den Wirtschaftsstandort Deutschland, auf die wirtschaftlich Schwachen und die Erhaltung des sozialen Friedens hat. Woher nehmen Sie die Gewissheit, dass die Mehrheit der deutschen Bürger ihr persönliches Wohl über alles stellt.
Als ein Bürger dieses Landes  fordere ich Sie auf, stellen Sie die Strategie der Bundesregierung in all ihren Implikationen dar und verschaffen Sie sich danach noch einmal  ein Bild von der Haltung der Menschen in Deutschland.

Hochachtungsvoll
Johannes Löcker