Die 111 Datensätze  stammen aus  einem ländlich geprägten Rettungsdienstbereich. In dem  Rettungs-dienstbereich sind (die für NRW gültigen) Standardhandlungsanweisungen durch den ÄLRD bereits seit mehreren Jahren für die Notfallsanitäter verbindlich eingeführt. Bis auf eine ganz kleine Gruppe ist das  rettungsassistentliche Personal in den letzten Jahren zu Notfallsanitätern weiterqualifiziert worden. Trotz der eher geringen Fallzahl erachte ich die Ergebnisse von ihrer Tendenz her für repräsentativ für den deutschen Rettungsdienst.

Thematisch relevante Ergebnisse:
Der Notarzt kam in 29 der 111 Akut-und Notfälle zum Einsatz (26%). Davon waren 8 Nachalarmierungen durch die vor Ort befindlichen Notfallsanitäter (28%).
Bei 3 dieser Fälle wurde der Notarzt nicht mehr heilkundlich tätig (38%). 8 Akutfälle wurden von den Notfallsanitätern im Rahmen von  § 4.2.2.c  NotSanG ohne weitere Hinzuziehung eines Notarztes heilkundlich versorgt. Diese Anzahl repräsentiert zugleich die Entlastung der Ressource Notarzt von ansonsten 37 Einsätzen auf 29 Einsätze (-22%)  In 2 lebensbedrohlichen Notfällen haben  sich die Notfallsanitäter vor Eintreffen des Notarztes zu eigen zu verantwortenden heilkundlichen Maßnahmen  entschieden (2%). Es gab keinen Fall, in welchem die Notfallsanitäter einen lebensbedrohlichen Zustand ohne Hinzuziehung eines Notarztes versorgt haben.
Bei 6 Notarzteinsätzen, also in weniger als 25% der Notarztalarmierungen applizierte der Notarzt Medikamente oder führte  invasive Maßnahmen durch, die nicht Inhalt der NotSan-Ausbildung gemäß Pyramidenprozess sind (21%). Dass bedeutet, in diesem Rettungsdienst mit einer hinreichenden Anzahl von Notfallsanitätern profitierten Notfallpatienten nachweislich noch bei jedem 5 Notarzteinsatz von einer spezifischen notärztlichen Therapie.
Im größeren Zusammenhang der anstehenden Neuorganisation  der Notfallversorgung in Deutschland ist noch ein weiteres Ergebnis der Untersuchung  ausgesprochen beachtenswert. 48 „Notfalleinsätze“ (43%) fielen in die NACA Kategorien I oder II.  Diese Einsätze dienten somit nicht der Akut- oder Notfallversorgung. Falls überhaupt, wären sie Anlass für eine hausärztliche Konsultation gewesen.

Persönliches fachliches Resümee:
Auch wenn ein Notarzteinsatz nicht  auf seinen therapeutische Wert reduziert werden darf, weisen die Zahlen doch ein erhebliches Maß  an systembedingter Ineffizienz beim rettungsdienstlichen Personaleinsatz aus.
Je mehr Notfallsanitäter in den deutschen Rettungsdiensten ihre Aufgabe wahrnehmen, desto mehr könnte parallel  dazu auch der heutige Automatismus zwischen Lebensbedrohtheit des Patienten und Notarzteinsatz zugunsten eines notfallmedizinisch gezielteren Notarztindikationskatalogs verlassen werden. Eine über das Übliche hinausgehende medizinische Komplexität in Diagnostik und /oder Therapie des Not- aber auch durchaus des Akutfalls würde dann zum Anlass eines Notarzteinsatzes. Anders als jetzt müssten diese Notarzteinsätze allerdings konsequent von notfallmedizinisch visierten Fachärzten durchgeführt werden, welche hierzu durch ihre alltägliche Tätigkeit in notfallaffinen klinischen Fachabteilungen und durch entsprechende notfallmedizinische Weiterbildungen fachlich umfänglich qualifiziert sind.